Musen am Helikon, ihr, von euch beginn ich zu singen,
Die des Helikon Höhe, die heilige, große, bewohnen
Und um die bläuliche Quelle mit zart-geschmeidigen Füßen
Tanzen und um den Altar des kampferprobten Kronion,
5 Wenn sie den zarten Leib sich im Permessos gereinigt
Oder am Roßquell oder der heiligen Flut des Olmeios.
Herrliche Reigen schlingen sie auf des Helikon Gipfel,
Anmutsvolle, und schwingen im Tanze rührig die Füße.
Dann von dort sich wendend, in dichtem Nebel geborgen,
10 Wandern sie in der Nacht und senden köstliche Kunde,
Preisend den Herrn der Aigis, den Zeus, und die mächtige Hera,
Argas' Göttin, die schreitet dahin auf goldnen Sandalen,
Auch des gewaltigen Zeus blauäugige Tochter Athene,
Phoibos Apollon dazu und Artemis, pfeilebeseligt,
15 Und auch den Erderschüttrer, den Länderumschlinger Poseidon,
Themis, die würdige, und mit leuchtendem Blick Aphrodite,
Hebe, die goldbekränzte, und auch die schöne Dione,
Leto, Iapetos auch, dazu den verschlagenen Kronos,
Eos, des Helios Macht und die leuchtende Göttin Selene
20 Und die finstere Nacht, den großen Okeanos, Gaia
Und die geheiligte Sippe der anderen, ewigen Götter.
Jene nun lehrten auch den Hesiodos edle Gesänge,
Wie er Lämmer betreut an des heiligen Helikon Hängen.
So begannen zu mir zuerst die olympischen, hehren
25 Musen zu reden, die Töchter des aigisschwingenden Gottes.
"Hirten vom Lande, ihr Lumpengesindel und lediglich Bäuche,
Seht, wir reden viel Trug, auch wenn es wie Wirklichkeit klänge,
Seht aber, wenn wir gewillt, verkünden wir lautere Wahrheit."
Also sprachen beredsam die Töchter des großen Kronion,
30 Ließen mich dann zum Stabe den Zweig eines blühenden Lorbeers
Schneiden, ein Wunder zu schaun, auch hauchten göttliche Stimme
Sie mir ein, zu künden von Künftigem und von Gewesnem,
Hießen mich preisen die Sippe der ewigen, seligen Götter,
Und sie selber immer zuerst und zuletzt zu besingen.
35 Aber wie käm es mir zu, vom Fels und der Eiche zu sprechen?
Auf! beginnen wir nun von den Musen, die droben im Himmel
Singend den hehren Sinn des göttlichen Vaters erfreuen;
Künden doch alle Vergangnes, die Gegenwart und auch die Zukunft
Einig im Liede. Da strömt von unermüdlichen Lippen
40 Ihnen der süße Gesang, es lacht die Behausung des Vaters
Zeus, des Donnerers, wenn sich der Göttinnen liebliche Stimme
Weit ergießt. Da hallen das Haupt des beschneiten Olympos
Und der Seligen Häuser. Im Klang der unsterblichen Stimme
Preisen sie zuerst die hehre Sippe der Götter,
45 Die zu Beginn mit der Erde der weite Himmel erzeugte.
So aus ihnen entstammten die Götter, die Spender des Guten.
Dann beginnen von Zeus, dem Vater der Götter und Menschen,
Singend die göttlichen Frauen am Anfang und Ende des Liedes,
Wie er der höchste der Götter und auch an Stärke der erste;
50 Ferner der Menschen Geschlecht und das der wilden Giganten
Feiern die Musen, den Sinn des olympischen Zeus zu ergötzen,
Sie, die olympischen Töchter des aigisschüttelnden Vaters.
Diese gebar Mnemosyne einst dem Vater Kronion
In Pierien, wo sie Eleuthers Hänge betreute,
55 Daß man der Übel vergäße und jegliche Sorge zerstreue.
Volle neun Nächte einte sich ihr der Berater Kronion;
Fern von den anderen Göttern bestieg er ihr heiliges Lager.
Aber sobald das Jahr verlief und im Kreise der Stunden
Monde dahingegangen und viele Tage entschwunden,
60 Da gebar sie neun gleichsinnige Töchter, die alle
Unbeschwerten Sinnes sich dem Gesange ergeben,
Nicht gar weit von dem Gipfel des tiefbeschneiten Olympos;
Dort ist ihr schimmernder Reigen und ihre schönen Paläste
In der Chariten Nähe und neben Himeros' Häusern,
65 Froh beim Feste. Dem Munde die liebliche Stimme entsendend,
Singen sie sämtlicher Dinge Gesetz und preisen der Götter
Edle Gesinnung und lassen der Lippen Wohllaut erklingen.
Froh ihrer schönen Stimme, enteilen sie nun zum Olympos,
Mit ambrosischem Lied; rings jauchzte die schwärzliche Erde
70 Über ihr Singen, und dumpf erklang von den Schritten der Boden,
Als sie sich heimgewandt zu ihrem Vater. Im Himmel
Thront er donnergebietend und sendet die flammenden Blitze,
Seit er den Vater Kronos gewaltig besiegte, und weislich
Hat er den Ewigen alles geordnet und Ehre verliehen.
75 So nun sangen die Musen in ihren olympischen Häusern,
Neun dem gewaltigen Zeus, dem Herrscher, entsprossene Töchter:
Kleia, Melpomene auch, Polyhymnia und auch Erato
Und Terpsichore und Urania und auch Euterpe
Nebst Thaleia und auch Kalliope, sie ist die höchste,
80 Weil sie in dem Geleit ehrwürdiger Könige schreitet.
Wen nun die Töchter des Zeus, des mächtigen, ehren und wen sie
Huldvoll bei der Geburt erlauchter Herrscher beschauen,
Dem mit süßen Tau benetzen die Musen die Zunge,
Daß seinem Munde gewinnend die Worte entströmen. Die Leute
85 Schauen alle auf ihn, wenn er entscheidendes Urteil
Fällt nach straffem Gesetz und ohne Irrtum und Fehlspruch
Rasch gewaltigen Hader verständig und weise beendet.
Drum sind Könige auch besonnen, damit sie den Leuten
Für erlittenen Schaden Ersatz auf dem Markte verschaffen
90 Zwanglos durch Überredung mit freundlich gewinnenden Worten.
Geht er zum Markte, verehren sie ihn wie einen der Götter
Mit umschmeichelnder Scheu, er gilt als der erste im Rate.
Solcherlei heilige Gaben gewähren die Musen den Menschen,
Denn von der Musen Geschlecht und von dem Schützen Apollon
95 Stammen die Sänger auf Erden, die saitenspielenden Männer,
Könige aber von Zeus. Doch wen die Musen betreuen,
Der ist gesegnet und süß entströmt seinen Lippen die Stimme.
Denn wenn einem erst jüngst ein Gram die Seele verwundet,
Und er siecht voll Kummer dahin, dann aber vernimmt er,
100 Wie ein Diener der Musen, ein Sänger, frührer Geschlechter
Rühmliche Taten besingt und die seligen Götter im Himmel,
Dann vergißt er sogleich sein Leid und achtet nicht länger
Seiner Sorgen; es heilten ihn rasch der Göttinnen Gaben.
Heil euch, Töchter des Zeus, beglückt mich mit lieblichen Liedern,
105 Preiset die heilige Sippe der ewigen, seligen Götter,
Die der Erde entsproßten und auch dem sternigen Himmel
Und der finsteren Nacht und die Kinder der salzigen Fluten.
Kündet mir, wie zuerst die Götter und Erde entstanden,
Ströme dazu, das endlose Meer und die brausende Brandung,
110 Leuchtende Sterne und droben des Himmels unendliche Weite,
Welche Götter daraus entstanden, die Spender des Guten,
Wie sie die Macht verteilten und Ämter und Ehren erlosten
Und auch wie sie zuerst die olympischen Schluchten bewohnten.
Dies verkündet mir, Musen, Bewohner der himmlischen Häuser,
115 Alles von Anbeginn und was als erstes entstanden.
Wahrlich, zuerst entstand das Chaos und später die Erde,
Breitgebrüstet, ein Sitz von ewiger Dauer für alle
Götter, die des Olymps beschneite Gipfel bewohnen
Und des Tartaros Dunkel im Abgrund der wegsamen Erde,
120 Eros zugleich, er ist der schönste der ewigen Götter;
Lösend bezwingt er den Sinn bei allen Göttern und Menschen
Tief in der Brust und bändigt den wohlerwogenen Ratschluß.
Aus dem Chaos entstanden die Nacht und des Erebos Dunkel;
Aber der Nacht entstammten der leuchtende Tag und der Äther.
125 Schwanger gebar sie die beiden, von Erebos' Liebe befruchtet.
Gaia, die Erde, erzeugte zuerst den sternigen Himmel
Gleich sich selber, damit er sie dann völlig umhülle,
Unverrückbar für immer als Sitz der ewigen Götter,
Zeugte auch hohe Gebirge, der Göttinnen holde Behausung,
130 Nymphen, die da die Schluchten und Klüfte der Berge bewohnen;
Auch das verödete Meer, die brausende Brandung gebar sie
Ohne beglückende Liebe, den Pontos; aber dann später
Himmelbefruchtet gebar sie Okeanos' wirbelnde Tiefe,
Koios und Kreios dazu und Iapetos und Hyperion,
135 Theia sodann und Rheia und Themis, Mnemosyne ferner,
Phoibe, die goldbekränzte, und auch die liebliche Tethys;
Als der jüngste nach ihnen entstand der verschlagene Kronos,
Dieses schrecklichste Kind, er haßte den blühenden Vater;
Auch die Kyklopen gebar sie, die wildüberhebenden Herzens,
140 Brontes und Steropes auch und den finstergewaltigen Arges;
Diese dann gaben dem Zeus den Donner und schufen die Blitze.
Zwar in allem glichen sie sonst den ewigen Göttern,
Doch inmitten der Stirn lag ihnen ein einziges Auge,
Und so hatte man ihnen den Namen Kyklopen gegeben,
145 Weil auf der Stirn das Rund des einzigen Auges gelegen,
In ihren Werken aber lag Stärke, Gewalt und Erfindung.
Aber noch andere waren von Himmel und Erde entsprossen:
Drei ganz riesige Söhne, gewaltig, unnennbaren Namens:
Kottos, Briareos auch und Gyges, Kinder voll Hochmut.
150 Hundert Arme streckten aus ihren Schultern sich vorwärts,
Klotzig und ungefüg, und fünfzig Köpfe entsproßten
Jedem aus seinen Schultern auf starken, gedrungenen Gliedern.
Grausig war Kraft und Wucht, sie glichen gewaltigen Riesen.
Denn von allen, die so aus Gaia und Uranos stammten,
155 Waren die schrecklichsten sie, verhaßt dem eigenen Vater
Gleich von Anfang. Sobald von ihnen einer geboren,
Barg er sie alle und ließ sie nicht zum Lichte gelangen,
Tief im Schoße der Erde, sich freuend der eigenen Untat,
Uranos. Aber es stöhnte im Innern die riesige Erde
160 Grambedrückt und sann auf böse, listige Abwehr;
Und sie formte sogleich ein graues Eisengebilde,
Eine gewaltige Sichel; den lieben Kindern zur Lehre
Sprach sie ermutigend so, bekümmert im eigenen Herzen:
"O ihr Kinder von mir und dem grausigen Vater, sobald ihr
165 Willig, mir zu gehorchen, so rächt an dem eignen Erzeuger
Schlimme Schmach; zuerst hat ja er selber gefrevelt."
Sprachs, und alle erfaßte Entsetzen, und keiner von ihnen
Redete; nur der große, der listenmächtige Kronos
Gab, von Mut beseelt, der erhabenen Mutter die Antwort:
170 "Mutter, so will denn ich dir dies versprechen und möchte
Gern das Werk vollenden, denn unser verrufener Vater
Kümmert mich wenig, zuerst hat er ja übel gehandelt."
Sprachs; da freute im Herzen sich sehr die gewaltige Gaia,
Barg ihn in sicherm Versteck und gab eine zahnige Sichel
175 Ihm in die Hände und lehrte ihn lauter listige Schliche.
Ankam mit der Nacht der gewaltige Uranos, sehnend
Schlang er sich voller Liebe um Gaia und dehnte sich endlos
Weit. Da streckte der Sohn aus seinem Verstecke die linke
Hand und griff mit der rechten die ungeheuerlich große,
180 Schneidende, zahnige Sichel und mähte dem eigenen Vater
Eilig ab die Scham und warf im Fluge sie wieder
Hinter sich; sie entflog nicht eitel und unnütz den Händen.
Denn die blutigen Tropfen, so viel sie niedergeronnen,
Sammelte alle die Erde; im Lauf der kreisenden Jahre
185 Schuf sie Erinyen draus, gar starke und große Giganten,
Waffenleuchtende Riesen, die ragende Lanze in Händen,
Nymphen auch, melische nennt man sie auf unendlicher Erde.
Aber sobald er die Scham mit der stählernen Sichel geschnitten
Und sie vom Lande geworfen hinab in das brandende Weltmeer,
190 Trieb sie lange dahin durch die flutenden Wellen; da hob sich
Weißlicher Schaum aus unsterblichem Fleisch, es wuchs eine Jungfrau
In ihm empor, sie nahte der heiligen Insel Kythere
Erst, doch gelangte sie dann zum ringsumflossenen Kypros.
Aus stieg dort die Göttin, die hehre, herrliche; Blüten
195 Sproßten unter den Schritten der Füße, und Götter und Menschen
197 Nennen sie nun Aphrodite, weil sie aus Aphros, dem Schaume,
198 Aufwuchs, auch Kythereia, weil sie Kythere sich nahte,
196 Schaumgeborene Göttin und Kythereia im Kranzschmuck,
199 Kyprosentstandene auch, weil entsprossen der Brandung von Kypros
200 Und auch schamerfreute, weil aus der Scham sie entsprossen.
Eros geleitete sie, und der herrliche Himeros folgte,
Als die soeben Geborne zur Sippe der Götter emporstieg.
Dieses Ehrenamt und Anteil ward ihr von Anfang,
Unter den Menschen sowohl wie unter den ewigen Göttern:
205 Jungfräuliches Gekose und frohes Lachen und Arglist,
Süßes Ergötzen und Wonne und Liebe und schmeichelnde Milde.
Aber die anderen schalt der Vater mit Namen Titanen,
Söhne, die Uranos einst, der gewaltige, selber erzeugte;
Sagte er doch, sie hätten gestrebt nach Frevel und böse
210 Taten verübt, drum würden sie später der Rache verfallen.
Nacht gebar das Schicksal, das grause, das finstere Ende,
Und sie gebar den Tod, den Schlaf und die Sippe der Träume,
Momos, den Tadler, und auch die schmerzbereitende Drangsal.
Keinem gesellt gebar die finstere, nächtige Göttin
215 Auch die Hesperiden, die überm Okeanosstrome
Köstliche goldene Äpfel an fruchtbaren Bäumen betreuen.
Ferner die Moiren und Keren, die rachestrafenden, schuf sie,
Klotho und Lachesis und auch Atropos, die da den Menschen
Bei der Geburt bereits ihr Glück und Unglück bestimmen.
220 Ja, die Vergebungen rächen sie bei den Menschen und Göttern;
Nie erlahmen die Hehren in ihrem entsetzlichen Ingrimm,
Eh sie nicht den gezüchtigt, der schwere Frevel verübte.
Nemesis auch gebar sie, die Drangsal der sterblichen Menschen,
Sie, die verderbliche Nacht, danach Betrug und Umarmung,
225 Auch das unselige Alter und Eris, die harte und starke.
Aber die düstere Eris gebar die peinvolle Mühsal,
Hunger, Vergessenheit auch und tränenerregenden Kummer,
Schlachtgetümmel und Tötung und Kämpfe und Männergemetzel,
Hader und Lug und Trug und Widerrede und Rede,
230 Rechtsverletzung, Verblendung, eng miteinander vereinigt,
Endlich den Eid, der am meisten den erdbewohnenden Menschen
Schadet, wenn voller Absicht ein Mann einen Meineid geleistet.
Pontos aber erzeugte den wahren, untrüglichen Nereus,
Ältestes aller Kinder, und darum hieß er der Alte,
235 Weil er unfehlbar ist und gütig und des Gesetzes
Nie vergißt und hegt nur rechtliche, milde Gesinnung.
Thaumas zeugte er dann, den starken, mannhaften Phorkys,
Ehlich gesellt der Gaia und rosenwangigen Keto,
Und Euribie auch mit dem ehernen Herzen im Busen.
240 Liebliche Kinder wurden von Göttinnen Nereus geboren
In der Ode des Meeres und von der lockigen Doris,
Die des Okeanos Tochter, des alles umkreisenden Stromes:
Proto und Eukrate und Amphitrite und Sao,
Auch Eudore und Thetis, dazu Galene und Glauke,
245 Speio, Kymothoe, Thoa, dazu auch Halias' Schönheit,
Melite voller Anmut, Eulimene, ferner Agaue,
Erato, Doto und Proto, Euneike mit rosigen Armen,
Und Pasithea und Dynamene und auch Pherusa,
Auch Nesaia, dazu Aktaia und Protomedeia,
250 Doris, Panope auch und die schöne Gestalt Galateias
Und Hippothoes Reiz, Hipponoe, rosig gegliedert,
Und Kymodoke, die die Wogen im nebligen Meere
Und der widrigen Winde Geheul mit Kymatolege
Leicht mit Amphitrite, der schlankgefesselten, sänftigt;
255 Kymo, Eione auch und kranzgeschmückt Halimede,
Auch die lächelnde Göttin Glaukomene, Pontoporeia,
Auch Leiagora, ferner Euagora, Laodameia,
Und Pulynoe auch, Autonoe, Lysianassa,
Auch die schöngewachsne, untadlige Göttin Euarne,
260 Psamathe, die so holde, die göttlich schöne Menippe,
Neso und Eupompe und Pronoe, ferner Themisto,
Auch Nemertes, sie hat des unsterblichen Vaters Gesinnung.
Diese alle entsproßten dem edlen, herrlichen Nerens,
Fünfzig Töchter, gewandt in edlen, köstlichen Werken.
265 Thaumas führte Elektra, des tiefen Okeanosstromes
Tochter, heim, und sie gebar ihm die hurtige Iris,
Schöngelockte Harpyien, Okypete und auch Aello,
Die so rasch, wie das Wehen der Winde und eilende Vögel
Fliegen mit schnellen Schwingen, und zeitgeschwind stürmen sie vorwärts.
270 Keto gebar dem Phorkys die wangenblühenden Graien,
Grau seit ihrer Geburt, und darum nennt man sie Graien
Bei den unsterblichen Göttern und erdenwandelnden Menschen;
Prächtig gekleidet Pephredo, Enyo im Krokosgewande,
Auch die Gorgonen, die jenseits des großen Okeanos wohnen,
275 Hart an der Grenze der Nacht bei Hesperiden, die singen,
Stheno, Euryale auch und die leidgeprüfte Medusa;
Sie allein war sterblich, doch alterlos ewig die andern,
Jene zwei, doch der letzten gesellte der Bläulichgelockte
Sich auf weicher Wiese und frühlingsduftenden Blüten.
280 Als dann aber Persens das Haupt vom Halse ihr trennte,
Da entsprang ihm Chrysaor mitsamt dem Pegasospferde.
Dieses war so benannt, weil an des Okeanos Quellen
Es geboren, der erste vom goldenen Schwert in den Händen.
Aber das Roß entflog der herdenhegenden Erde
285 Zu den unsterblichen Göttern und wohnte im Hause Kronios;
Blitz und Donner bringt es dem Zeus, dem waltenden Herrscher.
Mit Kallirrhoe aber, des großen Okeanos Tochter,
Zeugte Chrysaor dann den Geryonens, dreifachen Hauptes;
Den ermordete später des Herakles mächtige Stärke
290 Bei dem Getrieb der Rinder im Inselland Erytheia
An dem Tage, da er breitstirnige Stiere dahintrieb
In das heilige Tiryns, den Sund des Okeanos kreuzend,
Als er den Orthos getötet und auch den Eurytion-Hirten
In dem Nebelgeheg fern hinter Okeanos' Strömung.
295 Diese gebar dazu ein andres unsagbares Scheusal,
Weder den sterblichen Menschen noch auch den Ewigen ähnlich,
In der geräumigen Höhle: die göttliche, wilde Echidna,
Halb ein äugelndes Mädchen im Schmucke rosiger Wangen,
Halb eine greuliche Schlange, entsetzenerregend und riesig,
300 Farbenbunt, gefräßig, im Schoß der heiligen Erde;
Unter Arimas Boden befand sich die düstre Echidna,
Ein unsterbliches Weib, das alterlos ewig und immer.
Dort ist ihre Höhle in einem Felsengewölbe
Fern den unsterblichen Göttern und weit von den sterblichen Menschen,
305 Dort verliehen die Götter ihr Wohnung in herrlichem Hause.
Ebenda, sagen sie, habe der Typhon sie liebend umfangen,
Dieser entsetzliche Frevler die strahlenäugige Jungfrau;
Schwanger von ihm gebar sie trotziggesonnene Kinder:
Orthos, den Hund, gebar sie erst dem Geryoneus, später
310 Dann zum zweiten gebar sie den unaussprechlichen, schlimmen
Kerberos, Hades' Hund, den ehernstirnigen Fresser;
Fünfzig Köpfe besitzt er und schamlos ist er und grausam.
Aber zum dritten gebar sie die unheilbrütende Hydra,
Die lernäische, die in ständigen Zorn auf des Helden
315 Herakles' Stärke Hera, die blendende Göttin, ernährte.
Doch der Sohn des Zeus erlegte mit malmendem Erze
Sie, der Amphitryonide, mit Iolaos, dem tapfern,
Und dem Herakles half mit List die Erbeuterin Pallas.
Auch die Chimaira gebar sie, das feuerschnaubende Scheusal,
320 Schrecklich war sie und groß, behend und übergewaltig,
Und sie besaß drei Köpfe, zuerst eines wütenden Löwen,
Dann den einer Ziege und den eines mächtigen Drachen,
Vorn ein Löwe, der Drache inmitten und hinten die Ziege;
Fürchterlich schnob sie heraus die Glut des lodernden Feuers.
325 Pegasos tötete sie und der tapfere Bellerophontes.
Keto gebar auch Phix dem kadmeiischen Volke zum Unheil,
Hörig dem Orthos in Liebe, und auch den nemeiischen Löwen,
Den die Hera ernährte, des Zeus erhabne Gemahlin,
Und auf Nemeias Gefilde dann setzte zur Plage der Menschen.
330 Wie nun der Löwe dort hauste, befiel er der Menschen Geschlechter,
Herrscher in Apesas und im Tretosgebirge Nemeias,
Bis ihn endlich bezwang des Helden Herakles Stärke.
Keto gebar zuletzt, mit Phorkys in Liebe vereinigt,
Eine entsetzliche Schlange, die tief in der finsteren Erde
335 Weit am entlegenen Ende die goldenen Apfel bewachte.
Dies nun war die Sippe, die Keto und Phorkys erzeugten.
Tethys aber gebar dem Okeanos wirbelnde Ströme,
Neilos und Alpheios, Eridanos' tiefes Gewässer,
Strymon und Maiander und Istros' herrliche Fluten,
340 Phasis und Rhesos und auch Acheloos' silberne Strudel,
Nessos, Rhodios auch, Heptaporos und Haliakmon,
Auch Grenikos, Aisepos, den göttlichen Strom des Simoeis,
Dann Peneios und Hermos, die prächtige Flut des Kaikos
Und Sangarios' Größe, Parthenios ferner und Ladon,
345 Auch Euenos, Ardeskos, am Ende den hehren Skamander.
Töchter auch gebar sie, ein hehres Geschlecht, das hienieden
Knaben zu Männern erzieht mit Hilfe des Herrschers Apollon
Und mit den Strömen. Das ist ihr zeusverliehener Auftrag.
Peitho war es, Admete, Ianthe, ferner Elektra,
350 Doris und Prymno dazu, Uranias göttliches Ansehn,
Klymene drauf und Hippo, Kallirrhoe, ferner Rhodeia,
KIytia und Pasithea auch und Eidyia, Zeuxo,
Und Galaxaura, Plexaura, die liebenswürd'ge Dione,
Dann Melobosis, Thoa, die schöne Gestalt Polydoras,
355 Herrlich gewachsen Kerkeis und Pluto mit leuchtenden Augen,
Und Ianeira, Perseis und auch Akaste und Xanthe,
Dann die holde Petraia und ferner Menestho, Europa,
Metis, Eurynome auch, im Krokoskleide Telesto,
Asia, dann Chryseis, die anmutsvolle Kalypso,
360 Tyche und Amphiro dann, Okyrrhoe und auch Eudore,
Endlich die Styx, die über die anderen alle emporragt.
Die sind die ältesten Töchter, die dem Okeanos Tethys
Einst gebar und denen noch viele andere folgten.
Sind es doch dreitausend schlankfüßige Okeaniden,
365 Die da, weitzerstreut, die Erde und Tiefen der Ursee
Überallhin durchwandern, der Göttinnen herrliche Kinder.
Ebensoviele dann sind auch des Okeanos Söhne,
Lauthinbrausende Ströme, die hehre Tethys gebar sie;
Aber ein Sterblicher kann nicht alle mit Namen benennen,
370 Die ja nur jene wissen, die an den Ufern daheim sind.
Aber des Helios Macht und die helle Selene gebar dann
Theia, dazu die Eos, die allen Erdenbewohnern
Leuchtet und auch den Göttern, die weit den Himmel bewohnen;
Diese gebar sie, in Liebe dem Hyperion ergeben.
375 Aber dem Krios gebar Eurybie, liebebewältigt,
Sie, die göttliche Frau, den Pallas, den großen Astraios,
Perses dazu, der sich weit in allerlei Listen hervortat.
Dem Astraios gebar dann Eos die mutigen Winde:
Zephyr, den klärenden Hauch, den Boreas, der da dahinstürmt,
380 Und den Notos, in Liebe dem Gott die Göttin gelagert;
Und die frühgeborne, lichtbringende Göttin gebar dann
Später leuchtende Sterne, die hell den Himmel bekränzen.
Styx, Okeanos' Tochter, gebar aus der Ehe mit Pallas
Zelos im hohen Palast und die schlankgefesselte Nike,
385 Und sie hatte zu Kindern auch Kratos und Bias, den hehren,
Stets ist ihnen bei Zeus so Sitz wie Wohnung bereitet,
Niemals wandelt den Weg der Gott, es folgen denn jene,
Nein, sie wohnen ja stets bei Zeus, dem donnernden Gotte,
Denn so riet es ja Styx, die ewige Okeanide,
390 Selbigen Tages, da einst der blitzende Herrscher des Himmels
Alle unsterblichen Götter zum hohen Olympos berufen,
Sprach: wer jetzt von den Göttern mit ihm die Titanen bekämpfe,
Niemals würde er ihn der Ehre berauben, ein jeder
Wahre die Würde wie einst im Kreis der unsterblichen Götter.
395 Wer aber keine Ehren noch Würden bei Kronos erhalten,
Den begnade er nun nach Recht mit Ehren und Würden.
Eilte da zuerst die ewige Styx in den Himmel
Mit ihren Söhnen, dem Wunsche des lieben Vaters gehorsam.
Darum erhob sie Zeus und schenkte ihr köstliche Gaben,
400 Denn er machte sie selbst zum mächtigsten Eide der Götter,
Und ihre Söhne sollten bei ihm für immer verweilen,
So auch alle andern zusammen; was er verhießen,
Hielt er, denn selber gebeut er ja als allmächtiger Herrscher.
Phoibe aber kam zum Liebeslager des Koios;
405 Schwanger wurde da durch die Liebe des Gottes die Göttin;
Leto gebar sie, die immer voll Milde und dunkelgewandet
Gütig den Menschen gesinnt und auch den unsterblichen Göttern
Milde von Anbeginn, die sanfteste droben im Himmel.
Auch gebar sie die hehre Asteria; diese dann führte
410 Perses später als liebe Gemahlin zum hohen Palaste.
Schwanger gebar dann diese die Hekate, die der Kronide
Zeus vor allen geehrt; er schenkte ihr köstliche Gaben:
Schicksal und Anteil auf Erden und auf der Ode des Meeres.
Hoch an Ehren stand sie auch unter dem sternigen Himmel,
415 Und am meisten ward sie geehrt von den ewigen Göttern.
Denn auch jetzt, wenn einer der erdbewohnenden Menschen
Heilige Opfer vollzieht, sie nach dem Gesetz zu versöhnen,
Ruft er Hekate an. Dann erntet er Ehren in Menge
Leicht, wenn seine Gelübde in Gnaden die Göttliche annimmt;
420 Segen gewährt sie ihm dann, denn dessen ist sie ja mächtig.
Denn so viele auch immer von Gaia und Uranos stammten
Und dann Ehre gewannen, sie hat ja Anteil an allen.
Niemals knechtete sie der Sohn des Kronos und raubte
Nie ihr, was sie erlost bei den früheren Göttertitanen,
425 Nein, sie behielt den Teil, der ihr von Anbeginn zukam.
Nicht als einziges Kind genießt sie geringere Ehre
Oder weniger Anteil auf Erden im Himmel, im Meere,
Nein, viel Größeres noch: Zeus selber achtet die Göttin.
Wem sie will, dem naht sie mit mächtiger Hilfe und nützt ihm;
430 Wen sie begünstigt, der ragt im Rate empor aus der Menge.
Sie auch, wenn sich Helden zu männermordendem Kriege
Rüsten, kommt zu Hilfe, die Göttin, wem sie in Gnaden
Sieg bescheren will und ihn mit Ruhm überschütten.
Auch im Gerichte sitzt sie zur Seite ehrwürdiger Herrscher;
435 Hilfreich steht sie bei, wenn Männer ringen im Wettkampf,
Ihnen naht die Göttin mit Nutzen und mächtiger Hilfe.
Wer dann durch Stärke und Kraft gesiegt, trägt herrlichen Wettpreis
Leicht und freudig davon zum Ruhm der eigenen Eltern.
Hilfe auch beim Rennen gewährt sie, wen sie begünstigt;
440 Denen auch, die sich mühen auf blauem, gefährlichem Meere,
Die zu Hekate flehn und dem brausenden Länderumstürmer.
Leicht auch köstliche Beute gewährt die erhabene Göttin,
Leicht auch, wenn sie gewillt, entzieht sie die nahe geschaute.
Tüchtig auch hilft sie mit Hermes, im Stall das Gut zu vermehren,
445 Rinderherden und Vieh und Scharen schweifender Ziegen,
Wolliger Schafe Getriebe; sofern sie einen begünstigt,
Macht sie aus wenigem viel und weniges wieder aus vielem.
So denn, ob sie wohl auch das einzige Kind ihrer Mutter,
Wird sie mit allen Würden geehrt im Kreise der Götter.
450 Zeusbestellt als Hort der Jünglinge allen, die nach ihr
Schauen mit Augen das Licht der vielerblickenden Eos;
So von Anfang der Hort der Jugend. Dies ihre Ehren.
Rheia, von Kronos bewältigt, gebar hellstrahlende Kinder:
Hestia und Demeter, die goldsandalene Hera
455 Und den gewaltigen Hades im unterirdischen Hause
Grimmigen Herzens, sodann den brausenden Ländererschüttrer
Und den beratenden Zeus, den Vater der Götter und Menschen,
Der mit des Donners Gewalt die Weiten der Erde durchwettert.
Alle diese verschlang der gewaltige Kronos, sobald sie
460 Ihm auf die Knie gesetzt aus dem Schoße der heiligen Mutter,
Denn er erwog, es solle ihm keiner der Uranionen
Herrscherehren im Kreis der erlauchten Götter genießen.
Hörte er doch von der Erde und von dem sternigen Himmel:
Künftiger Sturz sei ihm bestimmt von dem eigenen Sohne,
465 Trotz seiner eigenen Stärke durch Zeus, des erhaben, Arglist.
Darum ließ er nicht ab, zu wachen und stellte den eignen
Kindern nach und fraß sie zu Rheias unsäglicher Trauer.
Als ihr daher bestimmt, den Vater der Götter und Menschen,
Zeus, zu gebären, da flehte sie zu den eigenen, teuren
470 Beiden Eltern, zur Erde und zu dem sternigen Himmel,
Listigen Rat zu ersinnen, damit sie verborgen gebäre
Ihren geliebten Sohn und an seinem Vater die Untat
Räche, weil seine Kinder der listige Kronos verschlungen.
Willig vernahmen sie beide die Worte der Tochter, gehorchten
475 Gern und verkündeten ihr, was noch in Zukunft beschieden
Kronos, dem Herrscher, und auch seinem eignen, gewaltigen Sohne,
Sandten sie dann nach Lyktos, den fetten Gefilden in Kreta,
Denn da sei ihr bestimmt, ihr jüngstes Kind zu gebären,
Den gewaltigen Zeus. Den nahm ihr die riesige Gaia
480 Ab im räumigen Kreta, um seiner nährend zu pflegen.
Rheia eilte und brachte ihn erst durch das nächtige, schnelle
Dunkel nach Lyktos und barg ihn aus der Hände Behütung
In einer riesigen Höhle, im Schoße der heiligen Erde,
Im aigeiischen Berg, dem waldigen, schattenumhüllten,
485 Wickelte dann einen riesigen Stein in die Windeln und brachte
Ihn dem Uranossohn, dem früheren König der Götter.
Der aber packte ihn gleich und schlang ihn gierig hinunter.
Tor, der nicht im Herzen bedachte, daß ihm in Zukunft
Statt des Steines sein Sohn noch unbezwingbar und sorglos
490 Blieb; der sollte ihn bald mit Kraft und Händen bezwingen
Und seiner Würde entkleiden und selbst bei den Ewigen herrschen.
Schnell aber stärkten sich schon die Kraft und die glänzenden Glieder
Des Gebieters. Es spie im Lauf des kreisenden Jahres,
Von dem trefflichen Rat der Gaia listig bezwungen,
495 Seine Sippe zurück der starke, verschlagene Kronos,
Ganz besiegt durch die Künste und Kräfte des eigenen Sohnes.
Erst erbrach er den Stein, den er als letzten verschlungen;
Den befestigte Zeus auf der weitumwanderten Erde
In dem heiligen Pytho am Hang des hohen Parnassos,
500 Als ein künftig Zeichen und Wunder den sterblichen Menschen.
Zeus befreite die Brüder des Vaters von schmählichen Fesseln,
Uranos' Sippe, die einst der Vater voll Tollheit gebunden.
Jene vergaßen nicht des Danks für erwiesene Wohltat,
Schenkten ihm den Donner dafür und des blendenden Blitzstrahls
505 Feurigen Glanz. Die barg zuvor die gewaltige Erde,
Und im Vertrauen auf sie gebeut er nun Menschen und Göttern.
Aber Iapetos führte Okeanos' Tochter, die schöne
Jungfrau Klymene, heim und bestieg das gemeinsame Lager,
Und sie gebar ihm den Atlas, ein Kind von gewaltiger Größe;
510 Auch gebar sie den kühnen Menoitios und den Prometheus,
Der so klug an Rat, dann Epimetheus voll Torheit,
Der ein Übel von Anfang den brotverzehrenden Menschen.
Erst ja nahm er zum Weibe die zeusgeschaffene Jungfrau.
Aber den Übeltäter Menoitios sandte der Seher
515 Zeus in des Erebos Tiefe, von zündendem Blitze getroffen,
Weil er ein Frevler war und allzu kühn und vermessen.
Atlas hält unter mächtigem Zwang die Breite des Himmels
An den Enden der Erde bei Hesperiden, die singen,
Stehend und stützt mit dem Haupte und unermüdlichen Händen.
520 Denn dies Schicksal schuf ihm Zeus, der waltende Vater.
Unauflöslich band er den kunstvoll-schlauen Prometheus
Mit belastenden Fesseln, an einer Säule befestigt,
Und er sandte ihm dann den geflügelten Adler; der fraß ihm
Stets die unsterbliche Leber; es wuchs dann überall wieder
525 Alles bei Nacht, was tags der riesige Vogel gefressen.
Den aber tötete dann der knöchelschlanke, gewalt'ge
Herakles, Sohn der Alkmene, und wehrte das schreckliche Leiden
Ab von Iapetos' Sohn und stillte den grausigen Jammer,
Nicht ohne Willen des Zeus, des hohen Beherrschers des Himmels,
530 Daß des Herakles Ruhm, des thebengeborenen Helden,
Heller noch strahle als einst auf vielernährender Erde.
Dies erwog er zu Ehren des ausgezeichneten Sohnes;
Ob er auch zürnte, entsagte er seinem Zorn auf Prometheus,
Daß an Klugheit sich der mit dem stärkern Kronion gemessen.
535 Denn als sich einst die Götter und sterblichen Menschen verglichen
Zu Mekone, zerteilte er wohlerfahren den starken
Stier und legte vor, die Sinne des Zeus zu betrügen.
Legte er doch den Menschen das Fleisch und die fetten Geweide
In die Haut und als Hülle darüber den Magen des Stieres,
540 Zeus aber legte er hin die weißen Knochen des Rindes,
Listig und kunstvoll geordnet, verhüllt mit dem Schimmer des Fettes,
Und da sagte zu ihm der Vater der Götter und Menschen:
"O du Iapetossohn, vortrefflichster aller Gebieter,
Wehe, wie hast du die Teile so doppelsinnig geordnet!"
545 Also spottete Zeus, der kundig ewigen Rates.
Ihm erwiderte drauf der listenvolle Prometheus,
Leise lächelnd, doch nicht der trügenden Kniffe vergessend:
"Zeus, du ruhmgepriesner, du höchster der ewigen Götter,
Wähle denn, welchen Teil dir Herz und Sinne gebieten."
550 Sprachs verschlagen; doch Zeus, der kundig ewigen Rates,
Der durchschaute und merkte den Trug, und den sterblichen Menschen
Sann er im Herzen Verderben; es sollte sich baldigst erfüllen.
Mit den Händen hob er empor das weißliche Stierfett
Und ergrimmte im Geist, von Zorn bewältigt, sobald er
555 Sah, wie die weißen Knochen des Stieres so listig geordnet.
Seither sieht man auf Erden die Stämme der Menschen den Göttern
Weißliche Knochen verbrennen auf dufterfüllten Altären.
Aber voll Ingrimm sprach der wolkige Zeus zu Prometheus:
"Du Iapetossohn, vor allen klug und verschlagen,
560 Wahrlich, du hast noch nicht deine tückischen Künste vergessen."
So sprach grollend Zeus, der kundig ewigen Rates,
Darum nun fortan, der Täuschung immer gedenkend,
Gab er den Kläglichen nicht die Kraft unermüdlichen Feuers,
Diesen sterblichen Menschen, die weit die Erde bewohnen;
565 Aber der herrliche Sohn des Iapetos täuschte ihn später,
Stahl weitleuchtenden Glanz unermüdlichen Feuers und barg es
In einem hohlen Rohr. Das kränkte in innerster Seele
Den hochdonnernden Zeus, sein Herz überwältigte Ingrimm,
Als er sah bei den Menschen den Glanz weitleuchtenden Feuers,
570 Und sofort für das Feuer erschuf er den Menschen ein Unheil.
Denn da formte gleich aus Erde der rühmliche Hinker
Nach des Kroniden Rat das Bild einer züchtigen Jungfrau;
Gürtel gab ihr und Schnalle die augenleuchtende Pallas
Mit einem Silbergewand. Vom Haupte floß eines Schleiers
575 Prächtig Gewebe, das hielt sie mit Händen, ein Wunder zu schauen.
Schöne Gewinde dazu von frischen Blüten der Wiese
Kränzte ihr um das Haupt die Göttin Pallas Athene.
Ihren Scheitel schmückte sie mit einer goldnen Umwindung,
Die der göttliche Hinker, der rühmliche, selber geschmiedet,
580 Feine Handarbeit, dem Vater Zeus zu Gefallen.
Dran war mancherlei Kunstwerk gefertigt, ein Wunder zu schauen:
Bestien, wie sie gar viele das Meer und das Festland ernähren;
Viele von ihnen tat er hinein, es glänzte gar lieblich,
Wunderlich, so als hätten sie Stimme und Leben besessen.
585 Aber sobald statt Gütern er glänzendes Übel geschaffen,
Führte Zeus sie dahin zu den anderen Göttern und Menschen,
Prunkend im Schmuck der Athene, der Tochter des donnernden Vaters.
Die Unsterblichen staunten und auch die sterblichen Menschen,
Als sie den jähen Betrug zu der Menschen Verderben gewahrten,
590 (Denn es entstammte von ihr die Reihe blühender Frauen.)
591 Ihr entstammte das schlimme Geschlecht und die Stämme der Frauen.
Unheilbringend wohnen sie unter den sterblichen Männern,
Ohne die schlimme Not zu teilen, aber das Wohlsein.
Wie wenn in dem Bau gewölbter Körbe die Bienen
595 Drohnen züchten und füttern, Genossen schimpflicher Werke,
-Während tagüber die Bienen sich bis zum Sinken der Sonne
Ständig mühen mit Fleiß, die Weiße des Wachses zu stapeln,
Bleiben diese im Innern des Baus der wölbigen Körbe,
Weil sie den fremden Erwerb im eigenen Bauche sich sammeln -
600 Also hat auch die Weiber den sterblichen Männern zum Unheil
Zeus, der donnernde Gott, bestellt als schimpflicher Werke
Böse Genossen; er gab noch weitere Übel für Gutes.
Wer die Heirat flieht und das schreckliche Schalten der Weiber,
Giert nach keiner Vermählung, doch kommt das mißliche Alter,
605 Greist man pfleglos hin, auch wenn es am Gelde nicht mangelt;
Stirbt man aber, so teilen sich in das ganze Besitztum
Ferne Verwandte; doch wem das Eheschicksal beschieden,
Daß er ein wackeres Weib mit fügsamem Herzen gefunden,
Dem sucht wechselweis sich jeher Gutes und Böses
610 Immer zu nahen, doch findet er eine von böser Gemütsart,
Lebt er dahin und trägt in der Brust unaufhörliche Plage
Tief in Herzen und Sinn; es ist ein unheilbares Übel.
So kann keiner den Sinn des Zeus umgehen und täuschen;
Selbst des Iapetos Sohn, der gütige Helfer Prometheus,
615 Konnte dem schweren Zorn sich nicht entziehen, gewaltsam
Hemmt, so schlau er auch ist, ihn doch die mächtige Fessel.
Als dem Obriaros einst der Vater im Innersten zürnte,
Auch dem Kottos und Gyes, da schlug er sie furchtbar in Bande,
Über ihr Aussehn entsetzt und über ihr wildes Gebahren
620 Und ihre Größe; da stieß er sie unter die wegreiche Erde.
Nun erlitten sie Qual, behaust im erdigen Abgrund,
Hockten am äußersten Rand, am Ende des riesigen Weltraums,
Lange schon gramgebeugt, das Herz mit Kummer belastet.
Sie aber hat der Kronide und alle unsterblichen Götter,
625 Die die lockige Rheia der Liebe des Kronos geboren,
Wieder zum Lichte hinauf geführt, wie Gaia geraten.
Denn sie hatte den Göttern das alles ja deutlich geweissagt,
Daß sie mit jenen den Sieg und herrliche Ehre erwürben.
Lange bekämpften sie sich und litten Mühen und Qualen,
630 Die titanischen Götter und die vom Stamme des Kronos;
Wider einander stritten sie alle in schrecklichen Schlachten,
Hier von der Höhe des Othrys herab die erlauchten Titanen,
Dort von dem Grat des Olympos die Götter, die Spender des Guten,
Die aus dem Lager des Kronos die lockige Rheia geboren.
635 Damals stritten sie so miteinander in schmerzlicher Feldschlacht;
Unaufhörlich bekämpften sie sich zehn endlose Jahre,
Dennoch hatte der quälende Streit nicht Ende noch Lösung
Beiden Teilen; so standen sie gleich am Ende des Krieges.
Als aber Zeus den Gefangenen gereicht, was alles von Nöten,
640 Nektar, Ambrosia auch, der Götter eigene Speise,
Da schwoll allen im Herzen die mannhaft mutige Seele.
Als sie den Nektar genossen und auch Ambrosias Süße,
Da begann zu ihnen der Vater der Götter und Menschen:
"Höret mich an, erlauchte von Himmel und Erde Erzeugte,
645 Daß ich verkünde, was mir das Herz zu sagen gebietet:
Stehen doch nun schon lange gar feindlich gegeneinander,
Streitend um Sieg und Macht im Kampf schon Tage um Tage,
Jene, die Göttertitanen, und wir, die Sippe des Kronos.
Ihr nun zeigt eure Stärke und eure unnahbaren Hände
650 Diesem Titanengeschlecht in bitter ringender Feldschlacht,
Eingedenk aller Freundschaft und Huld, so viel ihr erfahren,
Da ihr aus schmerzlicher Haft nach unserem Willen und Ratschluß
Wieder zum Lichte gekehrt aus dem nebligen Dunkel des Todes."
Sprachs. Ihm erwiderte drauf sogleich der herrliche Kottos:
655 "Wunderlicher, du kündest nichts neues; wissen wir selber
Doch, wie sehr du verständig und voller kluger Gedanken,
Wie du vor gräßlichem Fluch der Hort der Unsterblichen wurdest.
Ja, wir kehren nunmehr aus bitterer Banden Umschlingung,
Deiner Besonnenheit dank, aus den nebligen Schlünden des Todes
660 Wider Erwarten zurück, o Sohn des Kronos, Gebieter.
Drum entschlossenen Sinns mit wohlerwogenem Rate
Wollen wir eure Herrschaft in schrecklichem Ringen beschirmen
Und die Titanen bekämpfen in wild entscheidendem Streite."
Sprachs. Da priesen ihn sehr die Götter, die Spender des Guten,
665 Als sie die Worte vernahmen. Zum Kriege trieb es die Herzen
Heißer als je zuvor. Ein gräßliches Ringen begannen
Alle, die Weiber sowohl, wie Männer, am selbigen Tage,
Die titanischen Götter und die von der Sippe des Kronos
Und auch jene, die Zeus zum Licht aus dem Erebos führte,
670 Schreckliche, Krafterfüllte, von übergewaltiger Stärke.
Reckten doch hundert Arme sich einem jeden von ihnen
Aus den Schultern, und jedem entsprossen über den Schultern
Fünfzig Häupter am Leibe mit derben, wuchtenden Gliedern.
Nun den Titanen stellten sie sich in bitterer Feldschlacht,
675 Zackige Felsenblöcke in festen, gedrungenen Fäusten.
Drüben stärkten gewichtig auch die Titanen die Reihen
mutbeseelt. Da zeigten die Wucht der Arme und Stärke
Beide Teile; es brüllte das wüste Weltmeer entsetzlich,
Dröhnend stöhnte die Erde, es seufzte das Himmelsgewölbe,
680 Wildgeschüttelt. Es bebte von unten der hohe Olympos
Durch der Unsterblichen Stoß. Der Füße schwere Erschüttrung
Drang in die neblige Tiefe des Tartaros; jähes Gejammer
Und ein endloses Heulen, das Krachen gewaltiger Würfe.
Widereinander so entsandten sie Schmerzensgeschosse;
685 Beider Stimme erhob sich empor zum sternigen Himmel
Brüllend. Sie stießen zusammen mit lautertönendem Kampfruf.
Nicht hielt Zeus noch länger zurück sein Zürnen; es schwoll ihm
Stürmisch im Herzen die Wut, und alle gewaltige Stärke
Brach ihm hervor. Er schritt mit unaufhörlichen Blitzen
690 Vom Olymp und dem Himmel herab, und feurige Strahlen
Flogen Schlag auf Schlag mit Glanz und Donnergerassel
Aus der mächtigen Hand und wälzten die heiligen Flammen
Endlos; rings erdröhnte die nahrungspendende Erde
Brandbeschüttet; laut krachte im Feuer die endlose Waldung.
695 Rings auch kochte der Boden und auch des Okeanos Wellen
Und die Öde des Meeres, und feurige Dämpfe umleckten
Alle Titanen der Erde. Die schreckliche Flamme erhob sich
Bis in die göttliche Luft, und selbst der Gewaltigen Auge
Blendete das Geleucht und Funkeln der Blitze und Strahlen.
700 Fürchterlich füllte die Glut das Chaos; man meinte gar deutlich
Mit den Augen zu sehn und den Schall mit den Ohren zu hören,
So wie wenn sich die Erde und oben das Himmelsgewölbe
Näherten. Ja so müßte das schlimmste Getöse entstehen,
Würde sie niedergeworfen und drüber stürze der Himmel.
705 Also toste der Lärm, als die Götter zum Kampfe sich nahten;
Winde erhoben dazu den Staub in Wolken und Wirbeln;
Donner und feurige Glut und hellauflodernde Blitze,
Pfeile des mächtigen Zeus, und brachten Heulen und Schreien
Mitten zwischen die beiden; unnahbares Toben erhob sich
710 Aus dem entsetzlichen Streit. Es leuchteten glänzende Taten,
Bis die Schlacht sich neigte, doch vorher hielten beharrlich
Sie aneinander und stritten in hartem, wütendem Ringen.
Jene vorn in den Reihen erweckten die hitzige Feldschlacht,
Kottos, Briareos und auch Gyes, kampfunersättlich.
715 Dreihundert Felsenblöcke entsandten aus wuchtigen Händen
Prasselnd sie hinab und beschüttelten alle Titanen
Mit den Geschossen; sie trieben tief unter die wegreiche Erde
Die Titanen und banden sie dort mit schmerzenden Fesseln,
Als sie gesiegt mit den Armen, so trotzig die Feinde gewesen,
720 Soweit unter die Erde, wie über der Erde der Himmel.
721 Gleichweit ist's von der Erde ja bis in des Tartaros Dunkel,
Neun der Tage und Nächte bedürfte ein eherner Ambos,
Um vom Himmel am zehnten herab zur Erde zu kommen;
Neun der Nächte und Tage bedürfte ein eherner Ambos,
725 Bis er herab von der Erde am zehnten im Tartaros ankommt
731 In dem modrigen Raum am Rand der unendlichen Erde.
726 Ihn umzieht ringsum ein ehern Gehege, und dreifach
Lagert am Eingang die Nacht darübergeschüttet; es sprossen
Drüber die Wurzeln der Erde und die des wogenden Meeres.
Dort sind die Göttertitanen im Nebeldunkel des Abgrunds
730 Tief nach dem Ratschluß des Zeus, des Wolkengebieters, verborgen.
732 Keiner vermag zu entrinnen, denn ehern setzte Poseidon
Pforten daran; auch zieht sich eine Mauer im Kreise.
Gyes und Kottos und auch der hehre Briareos hausen
735 Dort als treuliche Wächter des aigisschüttelnden Gottes.
Da sind der braunen Erde, des nebligen Tartarosdunkels
Und des wogenden Meeres und auch des sternigen Himmels,
Aller Dinge Quell der Reihe nach und auch ihr Ende,
Widerlich modrig, es faßt sogar die Götter ein Grausen -
740 Riesiger Schlund, und keiner im Gang beendeter Jahre
Fände den Grund, sobald er erst einmal die Pforte durchschritten,
Nein, nach hüben und drüben entführten ihn Stürme um Stürme
Fürchterlich; denn entsetzlich auch für unsterbliche Götter
Ist dieser Graus. Dort liegt die schreckensvolle Behausung
745 Der umdunkelten Nacht, in finsteren Wolken verborgen.
Vor dem trägt der Sohn des Iapetos stehend den breiten
Himmel mit seinem Haupt und unermüdlichen Händen
Unerschütterlich, wo die Nacht und der Tag sich einander
Nahen im Wechselgespräch und die riesige, eherne Schwelle
750 Überschreiten, da steigt die eine hinab und der andre
Wandelt nach oben, und nie umschließt die Wohnung sie beide
Innen, immer hat eins das Haus verlassen und wandert
Über die Erde hin; das andre, das drinnen geblieben,
Harrt und wartet der Stunde des Weges, bis sie herankommt.
755 Tag bringt unendliches Licht den sterblichen Kindern der Erde;
Nacht aber hält in Händen den Schlaf, den Bruder des Todes,
Sie, die verderbliche Nacht, gehüllt in Wolken und Nebel.
Dort auch liegt die Behausung der nachtgeborenen Kinder
Schlaf und Tod, der schlimmen, entsetzlichen Götter. Und niemals
760 Schaut auf sie die Sonne mit ihren feurigen Strahlen,
Wenn sie am Himmel empor und wieder vom Himmel herabsteigt.
Einer von beiden durchwandert den breiten Rücken des Meeres
Und die Erde behutsam und freundlich den Menschen gesonnen;
Aber die andere hat eine eiserne Seele, ein ehern
765 Mitleidloses Herz im Busen, und wen sie gepackt hat,
Hält sie jeden; er ist verhaßt den unsterblichen Göttern.
Dort auch stehen voran die hallenden Häuser des Erdgotts,
Des gewaltigen Hades und das der schrecklichen Göttin
Persephoneia; es wacht ein furchtbarer Hund an der Pforte
770 Grausam und voller Tücken, und jeden, der da hineingeht,
Wedelt er an mit dem Schweif und spitzt ihm freundlich die Ohren,
Aber hinausgehn darf dann niemand wieder; er lauert
Und verschlingt den Ertappten, der aus der Pforte hinauswill
An des Hades Palast und der schrecklichen Persephoneia.
775 Dort auch wohnt, verhaßt den ewigen Göttern, die Göttin,
Die entsetzliche Styx, des runden Okeanosstromes
Älteste Tochter, sie wohnt ganz fern den Göttern in hohem
Hause, von mächtigen Felsen bedeckt, und überall ragt es
Hoch zum Himmel empor, gestützt auf silberne Säulen.
780 Sellten nur kommt die Tochter des Thaumas, die eilende Iris,
Kundebringend dorthin auf des Meeres unendlichem Rücken,
Wann bei den ewigen Göttern sich Streit und Hader erhoben
Oder wenn trügerisch einer der Himmelsbewohner geschworen.
Zeus entsendet dann Iris zum heiligen Eide der Götter,
785 Fern in goldenem Krug das berüchtigte Wasser zu holen,
Kalt, wie es niederfließt vom schwerersteigbaren, hohen
Felsen und weit dann unter der pfadüberzogenen Erde
Aus dem heiligen Strom durch dunkle Nächte dahinfließt
Als des Okeanos Arm. Ein Zehntel erloste die Göttin;
790 Denn um die Erde herum und den breiten Rücken des Meeres
Fallen geschlängelt die neun in silbernen Wirbeln zur Salzflut,
Und nur der eine entspringt dem Felsen zum Elend der Götter.
Gießt bei falschem Schwur davon dann spendend zur Erde
Einer der Götter, die wohnen auf schneeigem Haupt des Olympos,
795 Liegt er odemlos da bis an das Ende des Jahres.
Nicht der Ambrosia darf er und nicht dem Nektar sich nähern,
Sich zu erquicken, nein, denn sonder Stimme und Odem
Liegt er auf seinem Lager, umhüllt von schlimmer Betäubung.
Hat nun nach langem Jahr dies Leiden sein Ende gefunden,
800 Eins ums andere folgt dann noch viel härtere Drangsal,
Ja, neun Jahre bleibt er getrennt von den ewigen Göttern;
Niemals darf er sich ja zu Rat und Mahlzeit gesellen
Ganze neun Jahre, und erst im zehnten gesellt er sich wieder
Zu der Versammlung der Götter, die hoch den Himmel bewohnen.
805 Also bestellen zum Schwure die Götter das ewigerhaltne,
Uralte Wasser der Styx, das durch steinerne Gründe dahinschießt.
Da sind der braunen Erde, des nebligen Tartarosschlundes
Und des wogenden Meeres und auch des sternigen Himmels,
Aller Dinge Quell der Reihe nach und auch ihre Ende,
810 Widerlich modrig, es faßt sogar die Götter ein Grausen.
Dort sind die marmornen Pforten und auch die eherne Schwelle
Unerschütterlich fest, aus lang sich streckenden Wurzeln
Selbstentsprossen, und vorn, getrennt von sämtlichen Göttern
Haust der Titanen Geschlecht fern jenseits des nebligen Chaos.
815 Aber die rühmlichen Helfer des donnerbrausenden Gottes
Haben dort ihre Behausung am Rand des Okeanosstromes,
Kottos und Gyes zugleich; den starken Briareos aber
Machte zu seinem Eidam der brausende Ländererschüttrer,
Denn er gab ihm zur Ehe die Tochter Kymopoleia. -
820 Aber nachdem so Zeus die Titanen vom Himmel vertrieben,
Schuf als jüngstes Kind die riesige Erde den Typhon
In des Tartaros Liebe, durch Aphrodite, die goldne.
Seine unnahbaren Hände vollführen gewaltige Werke;
Unermüdlich sind die Füße des mächtigen Gottes;
825 Hundert Häupter wie von Schlangen und gräßlichen Drachen
Sprossen aus seinen Schultern mit drohendem Züngeln; es schossen
Feuer unter den Brauen die Augen der göttlichen Köpfe.
Allen Häuptern entlohte bei seinen Blicken ein Feuer;
Stimmen entfuhren auch mit mancherlei Klange den wilden
830 Köpfen, unsäglicher Art. Denn einmal schallten die Töne
So, daß es die Götter verstanden, ein andermal wieder
Klang es wie das Gebrüll eines heftigen, wütenden Stieres,
Wieder ein anderesmal gleich dem eines furchtbaren Löwen,
Wieder ein anderesmal wie Hundebellen - o Wunder -
835 Wieder ein andermal pfiff es, es hallten die weiten Gebirge.
Bald am selbigen Tage wär Fürchterliches geschehen,
Bald gar hätt er die Götter und sterblichen Menschen geknechtet,
Hätt es nicht scharf bemerkt der Vater der Männer und Götter.
Schrecklich donnerte er mit lautem Getöse; die Erde
840 Dröhnte rings entsetzlich, auch drüber das Himmelsgewölbe,
Meer und Okeanos' Flut und der Tartaros unter der Erde.
Unter unsterblichen Füßen erbebte der hohe Olympos,
Als sich der Herrscher erhob, es seufzte da unten die Erde.
Glut von beiden erfüllte den veilchenfarbigen Pontos,
845 Hier von Donner und Blitz und dort von der Flamme des Untiers,
Von der Blitze Geleucht und dem Wirbel der sengenden Winde
Überall siedet der Boden und auch das Meer und der Himmel,
Tosen doch rings die Ufer und rings die gewaltigen Wogen
Von der Unsterblichen Wucht; entsetzliches Schwanken erhob sich.
850 Bebte doch Hades sogar, der Herr der verblichenen Toten,
Und, um Kronos geschart, die Titanen im Tartarosgrunde
Von dem unsäglichen Lärm und dem schrecklichen Kampfe der Gegner.
Zeus, nachdem er die Kraft gesammelt, die Waffen ergriffen,
Donnergebrüll und Blitz und die lodernde Flamme des Wetters,
855 Schlug vom Olymp herunter im Sprunge, und er versengte
All die göttlichen Köpfe des schlimmen, gräßlichen Untiers.
Aber nachdem er es so mit Geißelschlägen gebändigt,
Brach es gelähmt zusammen, da seufzte die riesige Erde,
Flammen entfuhren dem so vom Blitz getroffenen Herrscher
860 In dem waldigen Dunkel der steilen, felsigen Schluchten,
Wie er den Schlägen erlag. Weit brannte die riesige Erde
Von dem unendlichen Dampf und schmolz, wie glänzendes Zinn schmilzt,
Das durch Männerkunst und klaffend durchlöcherte Tiegel
Siedet, oder wie Eisen, das härteste aller Metalle,
865 Wenn es in waldigen Schluchten, von leuchtendem Feuer gebändigt,
Schmilzt durch die Hand des Hephaistos im göttlichen Grunde der Erde,
Also schmolz die Erde vom Glanz des blendenden Feuers;
Grimmig schleuderte Zeus ihn in des Tartaros Tiefe.
Von dem Typhon entstammte die Wucht feuchtwehender Winde
870 Außer dem Süd und dem Nord und dem klärenden westlichen Zephyr.
Diese entstammten den Göttern zum herrlichen Nutzen der Menschen;
Aber verderblich wehen die anderen über das Meer hin,
Und sie fallen herab auf den weitumnebelten Pontos
Schwer zu der Menschen Verderben und wüten in gräßlichen Wirbeln.
875 Dahin und dorthin brausen sie laut, sie zerstreuen die Schiffe
Und vernichten die Schiffer; es gibt keine Abwehr des Unheils
Allen jenen, die schlimm davon auf dem Meere betroffen.
Ja, auch auf der Erde, der weiten, blütenbedeckten,
Machen sie liebliche Werke der irdischen Menschen zu nichte,
880 Denn sie bedecken sie rings mit Staub und schlimmem Gewirbel.
Aber sobald diese Mühe die seligen Götter vollendet
Und sich mit den Titanen im Kampf um die Würde gemessen,
Da erwählten sie dann zum König und ihrem Gebieter
Auf den Rat der Gaia den Zeus, den olympischen Donn'rer,
885 Über die Götter, und er verteilte weise die Würden.
Zeus, der König der Götter, erwählte als erste Gemahlin
Metis, die weiseste unter den Göttern und sterblichen Menschen.
Als ihr aber bestimmt, die augenlachende Pallas
Zu gebären, da täuschte mit List und schmeichelnden Worten
890 Zeus die Göttin und barg sie selbst im eigenen Leibe,
Gaias Rat gemäß und dem des sternigen Himmels;
Denn so rieten sie ihm, damit von den ewigen Göttern
Nicht ein andrer an Stelle des Zeus die Herrschaft erringe.
War ihr doch bestimmt verständiger Kinder Gebärung:
895 Erstlich der Tritogeneia, der augenleuchtenden Jungfrau,
Die an Weisheit und Kraft so stark wie ihr eigener Vater.
Dann aber war ihr bestimmt, sie sollte der Götter und Menschen
König gebären, dess' Herz voll übergewaltigem Hochsinn.
Zeus aber barg sie zuvor in seinem eigenen Leibe,
900 Daß ihm die Göttin dort das Gute und Schlimme verkünde.
Zweite Gemahlin des Zeus war Themis, die Mutter der Horen,
Sie gebar Eunomia und Dike, die zarte Eirene,
Die da sorgend die Werke der sterblichen Menschen betreuen.
Auch gebar sie die Moiren, die Zeus, der Berater, am höchsten
905 Ehrend würdigte: Klotho und Lachesis, Atropos; diese
Sind für die sterblichen Menschen die Geber des Guten und Bösen.
Die Chariten gebar ihm Eurynome, liebliche Jungfraun,
Sie, des Okeanos Tochter, geschmückt mit der Fülle der Schönheit:
Erst Aglaia, Euphrosyne dann und die zarte Thalia,
910 Denen herab von der Wimper beim Blick erschlaffende Liebe
Floß; so lieblich schauten sie unter den Brauen der Augen.
Aber er kam zum Lager der nahrungsreichen Demeter,
Und sie gebar ihm die lichte Persephone, die Aidonens
Ihrer Mutter entführte; von Zeus, dem Berater, bewilligt.
915 Wieder entflammte den Zeus Mnemosynes lockige Schönheit,
Und es entstanden von ihr die Musen in goldenem Haarschmuck,
Neun; sie lieben die Lust des Gesanges und festliche Mahlzeit.
Leto gebar den Apollon, die pfeilbeseligte Göttin
Artemis, beide so hold im Kreise der Uranionen,
920 Leto, in Liebe geeint dem aigisschüttelnden Herrscher.
Erst zuletzt erkor er die blühende Hera als Gattin,
Die ihm Hebe gebar und Ares und Eileithyia,
Innig in Liebe vereint mit dem König der Götter und Menschen.
Eos gebar dem Tithonos den erzgepanzerten Memnon,
985 König der Aithiopen, Emation auch, den Gebieter.
Auch einen leuchtenden Sohn ließ sie dem Hephaistos erblühen,
Phaethon, einen Mann, gewaltig und ähnlich den Göttern.
Diesen, als er noch klein in zarter, blühender Jugend
Und ein spielendes Kind, entrückte die lächelnde Göttin
990 Aphrodite und brachte ihn in ihre heiligen Häuser
Als einen mächtigen Hüter im Tempel und göttlichen Dämon.
Und des Aietes Tochter, des gottgeborenen Herrschers,
Führte des Aison Sohn nach dem Rate der ewigen Götter
Von Aietes hinweg nach schwerer Kämpfe Beendung,
995 Die ihm der große König so viele voll Übermut auftrug,
Pelias, dieser wilde und schlimme, trotzige Frevler.
Als er die Mühen bestanden, kam er zurück nach Iolkos
Heimwärts auf dem Schiff mit der augenprächtigen Jungfrau,
Aisons Sohn, und freite sie als seine blühende Gattin.
1000 Und von Liebe berückt zu Iason, dem Hirten der Völker,
Schenkte sie ihm Medaios, und den erzog im Gebirge
Chiron, Philyres Sohn. So ward Zeus' Wille vollendet.
Von den Töchtern des Nereus, des greisen Gebieters der Salzflut,
Schenkte Psamathe erst, die erhabene Göttin, dem Helden
1005 Aiakos den Phokos, von Kypris mit Liebe bewältigt.
Peleus aber bezwang die silberfüßige Thetis,
Und die Göttin gebar ihm Achilleus, den mächtigen Sieger.
Den Aineias gebar Kythereia, die herrlich bekränzte,
Als sie dem Helden Anchises in zärtlicher Liebe verbunden,
1010 Auf den waldigen Höhen des schluchtendurchzogenen Ida.
Kirke, des Helios Tochter, des leuchtenden Hyperionen,
Schenkte dem großen Dulder Odysseus, in Liebe verbunden,
Agrios und Latinos, den starken, herrlichen Helden,
Und den Telegonos auch, durch Aphrodite bezwungen.
1015 Diese weit in der Ferne im Schoße der heiligen Inseln
Wurden Gebietern von all den edlen, berühmten Tyrsenern.
Und den Nausithoos schenkte die hehre Göttin Kalypso
Und den Nausinoos auch dem Odysseus, liebebewältigt.
Diese unsterblichen Frauen gebaren sterblichen Männern
1020 Kinder im Liebeslager, die ähnlich den ewigen Göttern.
Nun verkündet den Stamm der Weiber, ihr liederbeglückten,
Olympiadischen Musen, des Aigiserschütterers Töchter.