8-Der kleine Mister Perfekt


KINDERKRAM - Eine Reise durch den kindlichen Tierkreis in zwölf Stationen
von Heidemarie Orban

  

Achte Station: »Der kleine Mister Perfekt«
(auffallend ähnlich dem Tierkreiszeichen SKORPION)

Bei diesem Kind fällt als erstes das Festhalten auf. Es hält fest und ist so schnell nicht mehr bereit wieder loszulassen. Und das meint nicht das körperliche Festhalten, sondern das geistige oder seelische Sich-Festsetzen. Was auf der einen Seite als gut bewertet wird, weil das Kind schon in jungen Jahren Willensstärke zeigt – die man später im Leben bekanntermaßen braucht – bringt auf der anderen Seite mitunter ein hohes Maß an Druck mit sich, dem ein Kind noch nicht gewachsen sein kann.

Es hat noch keine Möglichkeiten, angemessen damit umzugehen oder gar es zu verstehen und auch die Versuche der Erwachsenen, den Druck zu mindern, hält im besten Fall nur so lange vor, bis das nächste Ereignis sich anbahnt.

Wir betrachten hier den kleinen Mister Perfekt, der sich etwas vorgenommen hat – sich etwas vorstellt – und der dann einen Tobsuchtsanfall bekommt, wenn es nicht gelingen will oder nicht so gelingt, wie er es sich vorgestellt hat. Sein Fühlen ist dann von Verzweiflung geprägt, weil es den eigenen Maßstäben nicht gerecht geworden ist. Es hat sein Ziel nicht erreicht.

Wenn dann die Eltern besänftigend auf das Kind einwirken, es trösten wollen, kann es sein, dass der Druck im Inneren des Kindes noch höher wird und an irgendeiner Stelle schließlich eskaliert. Das Kind rastet aus. Es ist die personifizierte Verzweiflung. Für Worte und Argumente unzugänglich kann man nur noch still trösten: “Ich verstehe dich, ich bin ja da, ich sehe deine Not.”

Das Kind kann noch nicht verstehen, dass das Ziel vielleicht nicht angemessen, vielleicht zu hoch gesteckt ist. Vielleicht misst es sich mit Größeren und Älteren und es will das Gleiche erreichen wie diese, ohne dabei den Vorsprung an Jahren und damit an Erfahrung sehen zu können und zu berücksichtigen.

Das bleibt die Aufgabe der Erwachsenen; dem Kind immer wieder auf kindgerechte Art und Weise klar zu machen: es muss noch nicht gelingen! Aber es ist schön, dass Du es versuchst. Oder anders gesagt: der Weg ist dabei das Ziel.